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Interview mit der Offenbach Post

Die lange Erkrankung von Bürgermeisterin Ruth Disser führte zu einem Wechsel an der Spitze der Gemeinde. Zwar waren viele voll des Lobes für Ersten Beigeordneten Torsten Reuter, der neben seinem Job auch das Spitzenamt im Rathaus übernahm, doch stellt sich nun die Frage, ob Sie seinen Führungsstil und seine Arbeitsschwerpunkte weiter pflegen möchten oder aus Ihrer Sicht Korrekturbedarf sehen?

Zunächst danke ich Herrn Reuter für seine gute Arbeit in den letzten Monaten! Er hat als ehrenamtlicher „kommissarischer Bürgermeister“ wirklich Außergewöhnliches geleistet. Herr Reuter hat eine intakte Verwaltung übernommen. Durch seine sehr strukturierte und besonnene Arbeit hat er zusätzlich Impulse gesetzt und ein solides Fundament geschaffen. Darauf kann ich mit ruhigen Gewissen aufbauen. Am Ende arbeitet jeder Mensch nach seinem persönlichen Stil. Sicher gibt es Parallelen - so weiß ich, dass Herr Reuter zunächst zuhört, abwägt und nicht im Affekt entscheidet.

Sicher werde ich aber auch neue und andere Wege gehen. Wichtig ist mir, genau wie bei Herrn Reuter, dass der Fokus stets auf dem Wohl der Gemeinde liegt und möglichst alle Menschen abgeholt und mitgenommen werden. Seien es die Bürgerinnen und Bürger oder auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Verwaltungsintern möchte ich einen strukturierten Personalentwicklungsplan erarbeiten, aus dem für jeden Mitarbeiter klare Perspektiven hervorgehen. Dies hilft langfristig bei der Planung von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und zeigt fassbare Entwicklungsmöglichkeiten auf.  

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Das unvermeidliche Stichwort Corona: Skizzieren Sie die ersten zwölf Monate Ihrer Amtszeit mit Blick auf mögliche politische, gesellschaftliche und sportliche Reglementierungen.

Die Corona-Pandemie wird uns in den kommenden Monaten vor Herausforderungen stellen, die noch gar nicht klar erkennbar sind. Sei es beim Krisenmanagement, dem Einfluss auf wichtige Projekte oder den finanziellen Folgen durch erwartete Steuerausfälle. Politisch gesehen, wird eine Steuerung der notwendigen Maßnahmen im Dialog mit den Betroffenen notwendig sein. Mit entsprechendem Augenmaß gilt es, die Gemeinde sicher durch diese Zeit er Ungewissheit zu führen. In Bezug auf die wahrscheinlichen Reglementierungen für Wirtschaft, Sport und Gesellschaft gilt dies gleichermaßen. Nur wenn es gelingt, alle Gewerbetreibenden, Vereine, Gastronomen, Kulturschaffende und sonstige Institutionen bestmöglich in dieser schweren Zeit zu unterstützen, können wir auch in Zukunft auf die Vielfalt unserer Gesellschaft bauen. Ich bitte auch alle Mainhäuser entsprechend ihren Beitrag zu leisten.

Was erwarten/erhoffen Sie sich von der geplanten Erweiterung des Camping-Areals um 85 Hektar?

Hier liegt offenbar eine Fehlinformation vor. Die Gemeinde hat zum Preis von 19.000 € etwa 85 Hektar von der Basalt AG - größtenteils Naturschutzgebiet - erworben. Nur 2.500 m² werden zur Verlagerung des bisherigen Caravan-Abstellplatzes verwendet. Nördlich der NATO-Straße direkt am Campingplatz wird somit eine Fläche frei, die künftig für Tagescamper zu Verfügung steht. Die Erweiterung begrüße ich sehr, denn die Nachfrage für Camping und Caravaning steigt kontinuierlich und wird durch Corona noch verstärkt.  Der Campingplatz ist immer wichtiges Element des Eigenbetriebes. Ein gut ausgelasteter Campingplatz gleicht die Defizite der beiden Badeseen aus. und ermöglicht, allen Mainhäusern die entsprechenden Naherholungseinrichtungen bereit zu stellen. Nächstes Jahr erfolgt zum Beispiel der Neubau des Eingangsgebäudes - ein entsprechender Landeszuschuss ist bereits eingegangen. Im Jahr 2022 soll dann in das Betriebsgebäude in Zellhausen investiert werden. Hier läuft der Antrag auf Bezuschussung.

Nach Bekanntwerden des hohen Sanierungsbedarfs am Bürgerhaus Zellhausen hat die Gemeinde das Rathausprojekt „2 in 1“ vorläufig gestoppt. Wie soll´s in Sachen Rathauszusammenlegung nun weitergehen?

Das Projekt „Rathauszusammenlegung“ läuft wie geplant weiter. Lediglich das Projekt der energetischen Sanierung des Bürgerhaus Zellhausen ist aufgrund der Untersuchungsergebnisse und Kostenschätzungen fraktionsübergreifend gestoppt worden. Die Untersuchungen der baulichen Substanz haben ergeben, dass die Kosten einer Sanierung auf nahezu identischem Niveau mit denen eines Neubaus liegen. Daher war es richtig, die beiden Maßnahmen voneinander zu trennen und den Rathausneubau separat zu betrachten. Auch das Bürgerbüro in Mainflingen wurde bereits in Betrieb genommen. Insbesondere die Öffnung des Bürgerbüros bietet allen Einwohnern Mainhausens eine neue Servicequalität. So können nun in beiden Ortsteilen alle Anliegen im Bereich Bürgerservice, Pass- und Meldewesen und weitere Angebote zu erweiterten Öffnungszeiten in Anspruch genommen werden.

Die beiden großen Baugebiete Mainfächer (Mainflingen) und Zellhausen Süd werden die Einwohnerzahl der Gemeinde deutlich anheben. Wo sehen Sie Mainhausens Grenze bei baulicher Erweiterung und Einwohnerzahl erreicht?

Über die genannten Baugebiete hinaus, sehe ich aus zwei Gründen derzeit keine bauliche Erweiterung. Erstens: Die verkehrliche und soziale Infrastruktur muss entsprechend in gleichem Maße mitwachsen. Zweitens: Die Integration von Neubürgern in das soziale Gefüge braucht immer eine gewisse Zeit. Bei zu schnellem Wachstum werden neue Baugebiete schnell zu autarken Siedlungen ohne Anschluss an die Vereinsstruktur und das Gemeindeleben. Wenn beide Gebiete bewohnt und die Menschen angekommen sind, kann man von Neuem beurteilen, ob weiteres Wachstum verträglich ist. Klar ist aber auch, dass wir meiner Generation die Möglichkeit bieten müssen, sich mit ihrer Familie hier dauerhaft nieder zu lassen. Nichts ist auf lange Sicht schlimmer als eine Überalterung auf Grund fehlender Entwicklungsperspektiven! Bereits jetzt verlieren wir Arbeitskräfte, Feuerwehrleute und Übungsleiter, weil vor Ort kein Wohnraum zur Verfügung steht und kein Immobilienerwerb -auch zur Alterssicherung - möglich ist. Ebenso sollten ältere Menschen in ihrem Ortsteil bleiben können, deshalb werde ich mich für ein seniorengerechtes Wohnen einsetzen. Ich glaube aber auch: Wir müssen uns in den kommenden Jahren um die Revitalisierung der Ortskerne kümmern. Hier liegt künftig viel Potential.

Die vierte Änderung der Landesentwicklungsplanung dürfte erhebliche Auswirkungen auf Mainhausen haben. Wie beurteilen Sie einen Basisdichtewert von 40 Wohneinheiten/Hektar und die Reduzierung von Kleinzentren wie Mainflingen auf eine Grundversorgungsfunktion (nur Metzger, Bäcker, mobile Verkaufsstelle)?

Ich persönlich finde die aktuellen Vorgaben für eine Gemeinde unserer Größe nicht gut. Selbstverständlich muss man auch einen Fokus auf das Thema „Reduzierung des Flächenverbrauch“ legen. Neue Wohngebiete müssen sich aber auch in die umliegende Bebauung einfügen. Man erkennt aktuell schon im Neubaugebiet Mainfächer, welche Auswirkungen hier das verdichtete Bauen hat. Jeder kann sich ausmalen, welche Auswirkungen 40 Wohneinheiten pro Hektar haben. Gleiches gilt entsprechend bei der Grundversorgung. Natürlich muss eine ortsnahe Versorgung gewährleistet sein, insbesondere wenn man sowohl den ökologischen Aspekt hinsichtlich Verkehrsaufkommen als auch den demografischen Wandel betrachtet. Aus diesem Grund hat die Gemeindevertretung im Juni auf Initiative der SPD-Fraktion eine Stellungnahme zur „Vierten Änderung des Landesentwicklungsplans“ auf den Weg gebracht, die einstimmig verbschiedet wurde. Wir fordern das Land Hessen auf, auch im Ballungsraum rund um Frankfurt die Dichtewerte nach Gemeindegrößen zu differenzieren und nicht alle über einen Kamm zu scheren. Es macht keinen Sinn, pauschal Neu-Isenburg mit Mainhausen gleich zu setzen. Für die Entwicklung des Neubaugebietes Zellhausen Süd, wollen wir auf einen guten und strukturierten Mix aus kleinen und größeren Wohnformen achten, um eine ans vorhandene Ortsbild angepasste Struktur zu gewährleisten.

Die Internetseite der Gemeinde soll erweitert werden mit zusätzlichen Informationen und Angeboten. Für Sie ein absolutes Muss oder ein Service, der den Kontakt mit einem Rathausmitarbeiter noch lange nicht ersetzen kann?

Vieles kann inzwischen online erledigt oder zumindest teilweise online bearbeitet werden. Trotz allem wird der persönliche Kontakt weiterhin sehr wichtig sein und damit Rathaus und Bürgerbüro, mit ihren motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, immer Ansprechpartner für alle Generationen bleiben. Viele Themen kann man auch nicht einfach ins Internet verschieben. Für die Zukunft muss das Onlineangebot der Gemeinde aber weiterwachsen. Für den Informationstransfer müssen auch neue Kanäle bedient werden. Hier sehe ich neben einer sinnvollen Funktionserweiterung von Internetseite und Mainhausen App, auch die Einbeziehung von sozialen Netzwerken. Gleichwohl bleibt auch die Bedeutung der Tagespresse. Mainhausen muss auf allen Kanälen präsent und weiterhin Vorreiter bei Online Angeboten sein. Als erste komplett mit Glasfaser erschlossene Kommune in Hessen sollte es auch unser Anspruch sein, diesen Wettbewerbsvorteil zu nutzen und die Digitalisierung voranzutreiben. Schon in den vergangenen Corona-Monaten hat sich gezeigt, wie wichtig der von Ruth Disser und Mitgliedern der SPD-Fraktion angekurbelte Glasfaserausbau für Mainhausen war.

Beschreiben Sie kurz Ihre Konkurrenten um den Chefsessel im Rathaus, deren mutmaßliche Stärken und Schwächen.

Ich möchte kein Urteil über meine Gegenkandidaten abgeben. Das sollte die Fairness gebieten. Die Bürgerinnen und Bürger konnten sich in den vergangenen Wochen ein detailliertes Bild zu den Kompetenzen aller Kandidaten machen. Sie können sicherlich mit gutem Gewissen am Wahltag das Kreuz an der richtigen Stelle setzen.

Welche Schlagzeile würden Sie nach 100 Tagen im Bürgermeisteramt mit großer innerer Zufriedenheit erfüllen?

„Bürger mit den ersten Entscheidungen von Frank Simon sehr zufrieden“ – das würde mich glücklich machen.

Quelle: Offenbach Post vom 28.10.2020